Verbundenheit
Wenn ich die Worte von Sandel lese, dann verstehe ich plötzlich, dass diese Welt jene von Menschen geprägte Realität ist in der auch ich mein Leben im Dickicht lebe. All die Gedanken, Betrachtungen sind keinesfalls sinnlos, denn sie beschreiben, hinterfragen und kommentieren ja das eine zentrale Etwas das nicht wegzudiskutieren ist: Die Existenz der Welt und der Menschen die darin leben. Und in dieser und nur in dieser kann ich wirken. Und ich muss aufhören mir dafür zu schade zu sein.
Wirkliches Menschsein bedeutet dabei nicht einfach nur Gewöhnlichkeit und Mittelmaß, sondern Ruhe und Ordnung in unserm täglichen Verhalten, damit wir die Dinge in ihrem wahren Wert schätzen und uns in jeder Situation angemessen verhalten können. Gewöhnlichkeit und Mittelmaß sind dabei nicht Zustände des stumpfen Menschen, der die Mühe des Nachdenkens nicht auf sich nimmt oder dem es an Phantasie mangelt, über den eigenen Tellerrand zu blicken. Es bedeutet vielmehr Selbstbescheidung: Zu akzeptieren, dass man sich von allen anderen nicht wesentlich unterscheidet, weil jeder Einzelne das ganze Menschsein in sich trägt.
Den wem die Magie einer solchen Stunde nie bewusst geworden, wird ebenso wenig verstehen wie ich es selbst vor einem halben Jahre hätte verstehen können, dass ein paar also flüchtige und scheinbar kaum verbundene Episoden eines einzigen Abends ein schon verloschenes Schicksal so magisch entzünden konnten. Vor ihm schäme ich mich nicht, denn er versteht mich nicht. Wer aber um das Verbundene weiß, der richtet nicht und hat keinen Stolz. Vor ihm schäme ich mich nicht, denn er versteht mich. Wer einmal sich selbst gefunden hat, kann nichts auf dieser Welt mehr verlieren. Und wer einmal den Mensch in sich begriffen hat, der begreift alle Menschen.
— Stefan Zweig, Phantastische Nacht