Buntscheckige Fetzen

Ich denke hier daran, wie wir als kleines hilfloses Wesen angekommen sind auf dieser Welt, und wer uns den Schutz die Geborgenheit und die Nahrung gegeben hat erwachsen zu werden. In welchem großen wilden Garten die Glücklichen unter uns aufwachsen durften. In diesem Bilde eines jeden Menschen den ich sehe, sehe ich das Menschsein und empfinde ich Empathie jedem Menschen gegenüber.

Kinder die sich an einem roten Mohnblumenfeld erfreuen. Es soll doch so sein, dass alle Menschen diese Freude spüren sollen.

Das meinte Virginia Woolf letztlich auch mit der geistigen Verknüpfung: Keine wissenschaftliche Tradition hält uns zusammen, sondern wir sind untereinander verbundene Individuen, die sich für sich selbst interessieren und über ihr Leben nachdenken. Wir alle teilen die Erfahrung, einer Menschheit anzugehören: das Gefühl, ein denkendes und fühlendes Wesen zu sein, das ein ganz gewöhnliches Leben führt.

Es ist für mich klar, dass ich unter anderen Umständen ein anderer Mensch gewesen wäre. Meine früheren Identitäten sind mir so vielgestaltig wie die Gäste einer Party. Sowenig es mir einfällt, Urteile über sie zu fällen – jeder hatte schließlich seine eigenen Gründe und Standpunkte –, so wenig denke ich daran, über mich selbst zu Gericht zu sitzen. Wir bestehen alle nur aus buntscheckigen Fetzen, die so locker und lose aneinanderhängen, dass jeder von ihnen jeden Augenblick flattert, wie er will.

Wie kann ich es mir da anmaßen über andere zu richten?

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